Sie sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Kein Wunder, schließlich sind sie ja auch eineiige Zwillinge. Oliver und Andreas Golling, 26 Jahre alt, geben sich zurzeit bei der Flugsportgruppe Hammelburg nicht die Klinke, sondern den Steuerknüppel des Schul- und Sportflugzeuges DA-20 in die Hand. Dieses Jahr im Frühling haben sich die beiden entschlossen, gemeinsam den Motorflugschein zu machen. Die Brüder stammen aus Thulba und haben dort noch ihren Wohnsitz. Auch ihr beruflicher Werdegang zeigt Gemeinsamkeiten. Beide sind hauptberuflich im Rang eines Feldwebels bei der Bundeswehr, jedoch an unterschiedlichen Standorten. Oliver ist in Roth bei der Fluggeräteinstandsetzung stationiert und wartet und repariert Hubschrauber, Andreas ist in der Kaserne Ellwangen bei der Kraftfahrzeuginstandsetzung.
Wie bei so vielen anderen Piloten ist das Fliegen für die Golling-Zwillinge die Erfüllung eines lange gehegten Traumes. Angefangen hat alles genau da, wo sie jetzt Flugschüler sind: auf dem Flugplatz Hammelburg. Ein Onkel, Manfred Reichert, ist seit 1975 Pilot und schon viele Jahre Mitglied der Flugsportgruppe. Bei Onkel „Manni“ und anderen Vereinskameraden durften Andreas und Oliver bereits als Kinder oft in den einmotorigen Sportmaschinen mitfliegen. Die Folge davon war der Wunsch, irgendwann einmal den Spaß am selbst Fliegen erleben zu dürfen, Reisen im eigenen Flieger zu unternehmen, vielleicht sogar mal ins Ausland. Eine weitere verwandtschaftliche Beziehung im Verein besteht zu Maximilian Schaupp, ein Cousin der Gollings, der 1999 im Alter von nur 13 Jahren die Segelflugausbildung in Hammelburg begonnen hat und heute zudem im Besitz einer Motorfluglizenz ist. So war es naheliegend, die Ausbildung zum Piloten in Hammelburg zu machen, im Kreis der Familie sozusagen. Die Wochenenden werden nun intensiv genutzt, um mit Fluglehrer Frank Luft die Ausbildung voran zu treiben. Als Konkurrenten zueinander sehen sich die Brüder dabei nicht. „Es ist eher ein Ansporn, gemeinsam Fortschritte zu machen“, erklärt Oliver. Und die Fortschritte können sich sehen lassen. Oliver, der eine Minute jüngere der Zwillinge, hat
am 27. Juli als erster seinen Freiflug absolviert. Andreas zog bereits eine Woche später, am 4. August nach. Der Freiflug ist für einen Flugschüler ein besonderes Ereignis, in Fliegerkreisen wird damit der erste Alleinflug bezeichnet, ohne Begleitung des Fluglehrers. „Das ist schon ein Wahnsinns-Gefühl, so ganz alleine geflogen zu sein“, sind sich die beiden einig. Eine erste große Hürde ist damit genommen. Bis zum Erhalt der Fluglizenz gibt es noch einiges zu tun. Schließlich muss jede Menge Theorie zu Flugnavigation, Aerodynamik, Wetterkunde, Luftrecht etc. gebüffelt werden. Parallel dazu wird die praktische Ausbildung fortgesetzt, bei der zum Beispiel ein Alleinflug über 300 Kilometer und Notlandeübungen auf dem Programm stehen.